Der Ukraine-Krieg markiert eine Zeitenwende in der Politik. Mehr Unabhängigkeit von russischer Energie wird gefordert und darüber debattiert, ob dafür die deutschen Atommeiler länger am Netz bleiben sollten. „Das ist ein gefährliches Spiel, bei dem neue, zusätzliche Risiken entstehen“, sagt Tim Faltis, Verwaltungsrat bei FAIR ALPHA.
In der derzeitigen geopolitischen Lage stellt sich die Frage nach einer möglichen Verlängerung der Laufzeiten oder neuen Investitionen in Atomkraft wieder verstärkt. Dabei zeigt der Ukraine-Konflikt sehr deutlich, welche zusätzlichen Gefahren von Atomkraftwerken ausgehen und wie schnell sie ins Zentrum militärischer Überlegungen geraten können. „Die Rückkehr zu massiv risikobehafteter Technologie kann keine Lösung unserer Energieprobleme sein“, so Faltis. Atomkraft stelle schließlich keine Lösung dar: Allein die Risiken bei Abbau und Endlagerung des Urans seien dafür einfach zu hoch.
„Es wäre gerade angesichts der Ereignisse sogar gefährlich, mit neuen Atomkraftwerken neue potenzielle Ziele zu schaffen und Wagnisse einzugehen“, sagt Faltis. „Insofern sollte die Welt den jetzt tobenden Krieg als Weckruf nehmen, schneller mehr in Erneuerbare Energien zu investieren.“ Anders als Atomkraftwerke, die ein großes Klumpenrisiko bilden, sind Erneuerbare Energien dezentral platziert, also auch schwerer auszuschalten. „Insgesamt sichern Windräder und Solarparks die Energieversorgung deutlich besser als große Kraftwerksblöcke, egal mit welchem Brennstoff sie laufen“, sagt Faltis. Deshalb besteht derzeit vor allem die Notwendigkeit, an der Geschwindigkeit des Ausbaus der Erneuerbaren Energien zu arbeiten. „Dafür muss die überbordende und zeitraubende Bürokratie bei Genehmigungsverfahren und Bau von Windkraft- und Solaranlagen reduziert und beides dadurch wesentlich beschleunigt werden“, so Faltis.
Dass Atomkraft auch darüber hinaus keine große Zukunft mehr hat, zeigten die Signale von Investoren anlässlich der Einstufung der Atomkraft in der EU-Taxonomie als nachhaltig: Große Investoren erklärten unisono, dass sie dadurch nicht einfach ihre Ansichten und damit die Portfolioausrichtungen wieder hin zur Atomkraft ändern würden.